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Einbürgerungspraxis für KosovarInnen erleichtern

Die restriktive Einbürgerungspraxis bayerischer Behörden bei KosovarInnen muss ein Ende haben. In meiner Pressekonferenz habe ich die Staatsregierung aufgefordert, die „Einbürgerungsverhinderungstaktik“ endlich zu beenden. Bayern und Sachsen beharren trotz der staatlichen Anerkennung Kosovos durch die Bundesrepublik Deutschland darauf, dass KosovarInnen nicht nur ihre kosovarische, sondern auch die serbische Staatsbürgerschaft ablegen müssen. Zum Teil müssen KosovarInnen zuerst in die serbische Staatsangehörigkeit annehmen, um sich wieder auszubürgern. Das zeigt die ganze Absurdität beim Vorgehen der bayerischen Behörden. Eindrucksvoll schilderten drei betroffene KosovarInnen der Presse welche Hürden es bei dem Weg über die serbische Botschaft gibt und welche enormen Nebenkosten dabei entstehen können.

Hier geht es zu ihren Steckbriefen!

Es ist nicht verständlich, wieso Bayern Menschen, die seit Jahren hier leben oder geboren sind und sich in die Gesellschaft einbringen, die Einbürgerung zusätzlich erschwert. Während z.B. in Baden-Württemberg über 1000 KosovarInnen pro Jahr eingebürgert werden, sind es in Bayern gerade mal 200.

Hier gibt es das Pressepapier!

Zusammen mit der Grünen Fraktion fordere ich:

  • Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes: Kürzere Fristen, niedrigere Gebühren und vor allem Hinnahme von Mehrfachstaatsangehörigkeiten
  • Änderung des Verhaltens bayerischer Behörden gegenüber KosovarInnen, Stopp der bisherigen Schikanen
  • Vereinfachung der Einbürgerung für KosovarInnen wie in den vierzehn anderen Bundesländern (außer Sachsen) – In den Fällen, in denen die Bewerber keine serbische Staatsangehörigkeit haben, sollen auch Bayerns Behörden keinen Nachweis über den Verzicht auf diese (ja gar nicht vorhandene) Staatsangehörigkeit verlangen.
  • In den Fällen, in denen die Bewerber versucht haben, aus der serbischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, aber an den Schikanen der serbischen Behörden scheitern, sollten dies künftig auch die bayerischen Behörden als ausreichend anerkennen.

Hier geht es zu dem Antrag, den die Grüne Fraktion in den Landtag eingebracht hat. Er wurde von der CSU-FW Mehrheit im Ausschuss abgelehnt.

Weitere Informationen zu der Situation der KosovarInnen und der ungerechten Einbürgerungspraxis in Bayern:

Einbürgerungen von Kosovarinnen und Kosovaren in Bayern erleichtern

Bayern ist neben Sachsen das einzige Bundesland, das trotz der staatlichen Anerkennung Kosovos durch die Bundesrepublik Deutschland darauf beharrt, dass KosovarInnen nicht nur ihre kosovarische, sondern auch die serbische Staatsbürgerschaft ablegen müssen.  Dies ist jedoch ohne Zahlungen an Mittelspersonen oft unmöglich – zudem ist es aus unserer Sicht nicht zumutbar, dass KosovarInnen zu Bittstellern bei ihrem ehemaligen Kriegsgegner werden.

Die Republik Kosovo ist seit dem 17.02.2008 unabhängig. Deutschland hat Kosovo am 20.02.2008 anerkannt. Die vom Kosovo erklärte Unabhängigkeit von Serbien ist nach einer Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) am 22.07.2010 rechtens, da kein Verstoß gegen das Völkerrecht begangen wurde. Trotzdem geht das serbische Staatsangehörigkeitsrecht davon aus, dass alle Kosovarinnen und Kosovaren automatisch immer und ausnahmslos die serbische Staatsangehörigkeit haben. Der Kosovo-Konflikt trieb viele KosovarInnen in die Flucht und viele suchten Schutz – auch in der Bundesrepublik Deutschland und im Freistaat Bayern. Somit gibt es nun auch in Bayern immer zahlreicher das Bedürfnis nach Einbürgerung. Die bayerischen Behörden verlangen allerdings in all diesen Fällen den Nachweis der Aufgabe auch der serbischen Staatsangehörigkeit. Bei den Personen, bei denen kein Bezug zu Serbien vorliegt, stellt das serbische Staatsangehörigkeitsrecht allerdings insoweit einen Verstoß gegen völkerrechtliche Prinzipien dar. Dieser sollte von den bayerischen Behörden zukünftig nicht mehr anerkannt und nicht mehr zur Grundlage ihrer Entscheidungen gemacht werden.

Wer in Deutschland eingebürgert werden will, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen. Als letzten Schritt zur Einbürgerung müssen die Antragstellerinnen und Antragsteller ihre bisherige(n) Staatsangehörigkeit(en) aufgeben. Das gilt für KosovarInnenen ebenso wie für Angehörige anderer Staaten – allerdings ausgenommen Staatsangehörige der anderen Mitgliedsstaaten der EU und der Schweiz. Unter anderem diese Ausnahme hat dazu geführt, dass es in Deutschland bereits jetzt viele Millionen Menschen mit mehrfacher Staatsangehörigkeit gibt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern seit langem sowohl im Bundestag als auch im Bayerischen Landtag, dass das Staatsangehörigkeitsgesetz novelliert wird und dass Mehrfachstaatsangehörigkeiten generell hingenommen werden. Nach geltender Rechtslage ist jedoch die Aufgabe der früheren Staatsangehörigkeit Voraussetzung für eine Einbürgerung.

Allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen, was die Staatszugehörigkeit von KosovarInnen angeht. So sind die Regierungen nur in Bayern und Sachsen der Auffassung, dass KosovarInnen immer und automatisch und ausnahmslos gleichzeitig auch SerbInnen sind, also neben der kosovarischen auch die serbische Staatsangehörigkeit besitzen. Die Folge ist, dass alle KosovarInnen in Bayern die Entlassung aus beiden genannten Staatsangehörigkeiten nachweisen müssen – sonst werden sie nicht eingebürgert. Dies wird von den bayerischen Behörden selbst von Personen verlangt, die keinerlei Bezug zu Serbien haben (zum Beispiel, weil sie in Bayern geboren sind).

Es gibt zwei Wege, um die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit zu erreichen. Entweder zahlt man eine vergleichsweise hohe Gebühr und wendet erheblich viel Zeit auf, bis das serbische Konsulat in München alles „ordnungsgemäß“ abwickelt. Oder, wie von betroffenen Kosovaren oft berichtet, muss Geld an Mittelsmänner gezahlt werden (falls man genügend Kontakte hat), um die Papiere schneller bzw. überhaupt zu bekommen. Diese kriminell anmutende Praxis kann nicht im Sinne der Kosovaren sein, geschweige denn im Sinne der bayerischen Behörden. Nicht wenige (aber deutlich die Minderheit), und das ist die Hauptargumentation der bayerischen Behörden, schaffen es aber über einen von diesen zwei Wegen zum Ziel zu kommen und somit zur Einbürgerung in Bayern.

Wie schwierig die Situation in Bayern ist, zeigt der Vergleich mit Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, also zwei anderen Flächenländern, in denen es auch jeweils größere kosovarische Bevölkerungsgruppen gibt. In Bayern lebten 44.065 Personen mit kosovarischer Staatsangehörigkeit – in Nordrhein-Westfalen 54.260 und in Baden-Württemberg 55.235 (Zahlen jeweils für 2017).

Einbürgerungen von Kosovarinnen und Kosovaren

Bayern NRW Baden-Württemberg
2017 225 1.343 1.306
2016 184 1.283 1.470
2015 99 587 696

(Statistisches Bundesamt, Fachserie 1 Reihe 2, 2015 ,2016, 2017)

Der Vergleich zeigt somit deutlich, dass in Bayern die Einbürgerungszahlen in einer ganz deutlich niedrigeren Größenordnung liegen.

Fazit:

  • Nur in Bayern (und Sachsen) sehen die Regierungsbehörden KosovarInnen gleichzeitig immer automatisch und ausnahmslos auch als SerbInnen an
  • Zur Einbürgerung muss also nicht nur der Verzicht auf die kosovarische, sondern auch der Verzicht auf die serbische Staatsangehörigkeit nachgewiesen werden – selbst von denjenigen AntragstellerInnen, die gar keine serbische Staatsangehörigkeit haben
  • Das heißt: KosovarInnen müssen zu ihrem ehemaligen Kriegsgegnern, um sich einbürgern und dann wieder ausbürgern zu lassen.
  • Der Einbürgerungs- und Ausbürgerungspraxis kann für die Betroffenen mit enormen Kosten- und Zeitaufwand verbunden sein.
  • So werden Menschen, die gewillt sind, sich einbürgern zu lassen und dadurch mehr Teilhabe in der Gesellschaft praktizieren möchten, ausgeschlossen.

Grüne Forderungen:

  • Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes: Kürzere Fristen, niedrigere Gebühren und vor allem Hinnahme von Mehrfachstaatsangehörigkeiten
  • Änderung des Verhaltens bayerischer Behörden gegenüber KosovarInnen, Stopp der bisherigen Schikanen
  • Vereinfachung der Einbürgerung für KosovarInnen wie in den vierzehn anderen Bundesländern (außer Sachsen)
    • In den Fällen, in denen die BewerberInnen keine serbische Staatsangehörigkeit haben, sollen auch Bayerns Behörden keinen Nachweis über den Verzicht auf diese (ja gar nicht vorhandene) Staatsangehörigkeit verlangen.
    • In den Fällen, in denen die BewerberInnen versucht haben, aus der serbischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden, aber an den Schikanen der serbischen Behörden scheitern, sollten dies künftig auch die bayerischen Behörden als ausreichend anerkennen.